Nachhaltigkeit und der Zyklus des Lebens
Viele von uns kennen das Konzept der „Nachhaltigkeit”, das heutzutage in aller Munde ist. Jedoch wissen nur wenige von uns, dass der Begriff „Nachhaltigkeit“ mehrdeutig und teilweise undurchsichtig sein kann. Es gibt mittlerweile zahlreiche Definitionen von “Nachhaltigkeit”. Mehrere stellen die nachkommenden Generationen in den Vordergrund und bestimmen, dass die Deckung des Bedarfs der zunehmenden Menschheit gesichert werden soll.
In diesem Zusammenhang hören wir öfter: “Wir sollten eine bessere Welt für unsere Kinder hinterlassen”. Jedoch wie Carnau, 2011 beschreibt: “ Wie konkret es auszusehen hat, muss im Einzelfall geklärt werden.” Es wird damit deutlich, dass eine Einigung zum Thema Nachhaltig nicht in Sicht ist.
Wie können wir überhaupt wissen, wie eine bessere Welt in der Zukunft aussieht? Wie werden sich die kommenden Generationen anpassen?
Können wir uns auf eine gemeinsame Vorstellung einigen?
Für mich persönlich ist Nachhaltigkeit nichts anderes als Langfristigkeit, egal auf welcher Ebene, sei es auf der sozialen, politischen, ökonomischen oder ökologischen. Langfristig steht in Verbindung mit einem Zyklus, nur wenn der Zyklus geschlossen ist, kann etwas langfristig sein, egal was.
In der Alchemie wird dieser Zyklus durch das Symbol des Uoroboros repräsentiert. Hierbei handelt es sich um das Symbol der Schlange, die ihren eigenen Schwanz verschlingt. Teilweise grün (repräsentiert den Beginn) und teilweise rot (repräsentiert das Ende des Magnum Opus, das Meisterwerk). Das Symbol steht für die zyklische Natur der Dinge, die ewige Wiederkehr. Es wird als eine Darstellung der Wiedergeburt von Dingen verwendet, die niemals verschwinden, sich nur ewig verändern. In einem allgemeineren Sinne symbolisiert es die Kontinuität des Lebens. Wie können wir diese Kontinuität ernsthaft bewahren?
Wie können wir unsere natürlichen Ressourcen verändern und nutzen, ohne dass sie verschwinden (oder besser gesagt sich in Müll verwandeln, was den natürlichen Zyklus der Natur bricht)?
Hier muss ich an eine Person denken: Bren Smith. Ein Fischer aus Neufundland, Kanada. Verbunden mit dem Meer, waren er und viele Kollegen aus seinem Fischerdorf in die 90ger Jahren Zeuge und Opfer des Zusammenbruchs der Kabeljau Fischerei, von der viele abhängig waren. Nach dem Zusammenbruch hat Smith, wie viele Andere, verschiedene Jobs auβerhalb der Fischerei gesucht. Er wollte aber nicht zulassen, dass sein Dorf kollabierte und wollte etwas wahrhaftig Nachhaltiges machen. Die Motivation war einfach: zu überleben und zwar langfristig, denn das Meer war sein Leben. Im Laufe der Jahre versuchte er eine Menge verschiedener Dinge, aber es schien nie zu funktionieren.
2015 gründete er dann die sogenannte „3D ocean farming”. Was im ersten Moment wie eine konventionelle Austernfarm aussah, war mehr als das. Smith besitzt heutzutage „Thimble Island Oyster Farm“ (https://www.thimbleislandoceanfarm.com), aber Austern sind nur ein Teil der Geschichte. Von oben sieht man nur ein paar Bojen, aber unter diesen Bojen laufen lange Seile entlang, an denen Seetang (Kelp), Miesmuscheln und Jakobsmuscheln baumeln. Am Boden befinden sich Austern in Kisten, unter denen die Venusmuscheln im Boden versteckt liegen. Dies alles zusammen sind schwere, sturmsichere Anker, die an den Rändern befestigt sind. Von unten sieht es aus wie ein Wald aus Seetang. Natürlich wird von der Muschel bis zum Seetang alles vermarktet. Diese 3D-Farmen könnten tatsächlich eine der nachhaltigsten Formen der Landwirtschaft in der Welt sein. (https://www.upworthy.com/this-fishermans-incredible-hidden-underwater-forests-may-change-food-as-you-know-it).
Smith wollte die Tendenz der zu großen, industriellen Farmen an Land stoppen und eine völlig neue Art der Nahrungsmittelindustrie schaffen, eine die Nachhaltigkeit und Nahrungsmittelgerechtigkeit in den Mittelpunkt stellt.
Smiths Idee vertritt das Prinzip „Lieber viele, die wenig produzieren, als wenige, die viel produzieren”.
Aus der Unterwasserfarm ergeben sich auch sekundäre Vorteile für die Umwelt. Der Seetang kann Kohlenstoff binden, ihn aus der Atmosphäre entfernen und die Auswirkungen der globalen Erwärmung reduzieren. Schalentiere können helfen, Schadstoffe und überschüssigen Stickstoff aus dem Wasser zu filtern. Die Exkremente der Austern und Muscheln liefern dem Seetang Nährstoffe. Die Farm kann sich sogar wie ein Korallenriff verhalten, indem sie anderen Tieren ein Versteck und Lebensraum bietet. Hier schlieβt sich ein Zyklus, in dem mehrere Arten voneinander abhängig sind. Genau wie in der Natur ist alles im Gleichgewicht. Nachhaltigkeit ist somit eine Konsequenz und nicht das Ziel. Das ist wahre, unverfälschte Nachhaltigkeit.
Smith geht einen Schritt weiter und fördert die soziale Nachhaltigkeit. Er ist verantwortlich für GreenWave, eine „nonprofit Organisation“, die anderen Landwirten hilft, ihre eigene 3D Farm zu gründen und sie ermutigt, nur lokale Arten zu verwenden. Eine Farm in Kalifornien wird nicht die gleiche Art von Algen und Schalentieren wachsen lassen, wie eine Farm in Maine. Dies ist eine Praxis, die dazu beitragen kann, unser Nahrungssystem vor Klimawandel und Krankheiten zu schützen. Smith sagt, dass der Mindestlohn in ihren Verarbeitungsbetrieben bei US$ 15 pro Stunde beginnt.
Die Meere (wie auch die Erde) gehört allen. Es gibt keine Grenzen, nur die, die wir uns selber setzten. Nur wenn alle nachhaltig produzieren (sozial und ökologisch), kann der Zyklus für immer funktionieren. Smiths Idee vertritt das Prinzip „Lieber Viele, die wenig produzieren, als Wenige, die viel produzieren”. Das hat eine tiefere Auswirkung, weil Monopolisierung und Egoismus nicht ins Spiel kommen können.
Es ist mir klar, dass eine wahre Veränderung des allgemeinen Bewusstseins nötig ist, um dieses in der ganzen Welt zu verwirklichen. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass diese Veränderung bereits beginnt, langsam erwacht. Die kommenden Generationen beobachten es und beobachten uns. Smith ist ein Bespiel der Kongruenz und Verantwortung, hoffentlich hat er Kinder! Ich bin mir sicher, dass er nicht der Einzige ist. Wir werden besser, sind tiefer verbunden.
Es hat angefangen…