Bewährtes wieder einfordern. Ein Gespräch mit Franz Drack, Gründer von Kamarg.
Wie bist du darauf gekommen, den Kamarg wieder zu beleben?
Franz Drack: 2013 haben wir den Dachboden des elterlichen Hauses ausgemistet und da habe ich ihn entdeckt: ein beigefarbener Kamarg in einer Kiste. Mein Vater hat mir erzählt, er habe ihn erst als Tasche für die Berufsschule, dann zur Arbeit verwendet. Obwohl der Rucksack 1953 gekauft wurde, war nichts wirklich kaputt. Er hatte mir gleich auf Anhieb gefallen und dann habe ich den Kamarg gereinigt und auch für die Arbeit genutzt. Vielen Kollegen und Freunde in Stockholm, wo ich damals lebte, gefiel das einfache und zeitlose Design. Also wollte ich anbieten, den Kamarg in Skandinavien zu vertreiben. Bei der Recherche habe ich dann entdeckt, dass es die Marke seit den Neunzigern nicht mehr gibt und die Idee bis auf Weiteres nicht weiter verfolgt. Wenig später habe ich ein Interview mit Steve Beckett, dem Gründer des Plattenlabels WARP gelesen, in dem er sagte, dass es ihm vor allem darum gehe, Artefakte zu schaffen, die Menschen glücklich machen. Mich hat diese Aussage tief bewegt und ich habe den Kamarg plötzlich als so ein Artefakt gesehen. Rucksäcke sind wie Playlists oft dann dabei, wenn einem Abenteuer widerfahren und haben die Fähigkeit, Erlebtes wieder sichtbar oder fühlbar zu machen. Das war dann die Initialzündung. Aus diesen Überlegungen entwickelte sich übrigens auch unser Slogan „Adventure is worthwhile“.
Der Slogan stammt also aus eurer Feder?
Franz Drack: Nein, der Slogan stammt nicht von mir oder einem Werbetexter. Er ist von Amelia Earheart, einer Flugpionierin und Frauenrechtlerin. Sie hat einmal zum Thema „Machen“ gesagt “The most difficult thing is the decision to act, the rest is merely tenacity. The fears are paper tigers. You can do anything you decide to do. You can act to change and control your life; and the procedure, the process is its own reward. Adventure is worthwhile in itself.” Das Zitat war lange als Zettel über meinem Schreibtisch, als ich Kamarg von der Idee zum Produkt geführt habe.
Wie haben die Menschen auf deinen Plan reagiert?
Franz Drack: Am Anfang hat mir jeder gesagt, dass Rucksäcke total aus der Mode seien – das war 2014 – und dass man nicht gegen die etablierten Marken ankommen könne. Ich hab die Bedenken der anderen damals aber nicht hören wollen. Nach dem Launch 2017 war ich erstaunt, wie viele Menschen positive Emotionen mit dem Kamarg verknüpfen, von ihrer Kindheit in den 70er und 80ern, von Familienausflügen und Wandertagen. Anfang Juni waren wir mit unseren Produkten auf dem Grazer Fifteen-Seconds-Festival. Die Leute haben die Rucksäcke in den Händen gehalten und man hat gemerkt, da rennt ein innerer Film ab. Diese starke Verbindung hat mich echt überrascht.
Wofür steht der Name Kamarg?
Franz Drack: Es ist eine Abkürzung für Kamper und Margutsch. Maria Kamper und Georg Margutsch waren die beiden ursprünglichen Gründer der Marke in Graz.
Was unterscheidet Kamarg Rucksäcke von anderen Rucksäcken?
Franz Drack: Vor allem die Langlebigkeit, das geringe Gewicht und der Verzicht auf Plastik als primärer Werkstoff. Ich habe jahrelang nach einem robusten Begleiter für den Alltag gesucht, aber das Material hat oft zu schnell aufgegeben. Der Kamarg meines Vaters von 1953 hatte zwar Gebrauchsspuren, war aber noch voll funktionstüchtig, als ich ihn 60 Jahre später gefunden hatte. Deshalb legen wir besonders viel Wert darauf, dass der Kamarg wie früher hergestellt wird – wir haben nach langem Suchen einen geeigneten Produktionspartner gefunden – und haben alle Materialien, vor allem das Leder, intensiv getestet. Wir verwenden 94% weniger Plastik als die meisten anderen Rucksackmarken. Unsere Rucksäcke sind durchschnittlich ein Drittel leichter als andere Rucksäcke. Der Kamarg Classic und Mini lassen sich auch sehr klein zusammenfalten. Alles Dinge die im Alltag viel Freude bereiten. Wir wollen, dass unsere Kunden mit ihrem Kamarg durch die Jahrzehnte reisen können. Das Material ist im Gegensatz zu früher außerdem wasserfest. Man kommt damit locker durch einen regnerischen Tag.
Wohin verkauft ihr Kamarg derzeit?
Franz Drack: Wir verkaufen hauptsächlich nach Österreich und Deutschland, aber Frankreich und Kanada sind auch starke Märkte für Kamarg. Im Sommer werden wir Kamarg in Japan einführen. Welche Farbe gefällt dir am besten? Franz Drack: Blau, weil das die Farbe des Prototyps war, der mit mir einiges durchlebt hat. Ich hatte ihn im März 2017 bei einer längeren Reise durch Patagonien dabei, wo er Teil dieses unglaublichen Abenteuers wurde.
Was sind die nächsten Ziele oder Träume auf der Kamarg-Reise?
Franz Drack: Derzeit konzentrieren wir uns darauf, unser Produkte mehr Menschen zugänglich zu machen. Dann werden wir sehen. Viele unserer Kunden haben zusätzliche Farbe gefordert, auch ein größerer Rucksack wurde gewünscht. Mal sehen, ich hab da auch noch ein paar andere Produktideen (lacht).
Danke für das Gespräch