Baumwolle: Komfort und ignorierte Krise

Fund The Planet
25.02.2025
Baumwolle: Komfort und ignorierte Krise

Baumwolle: Der Komfort, den wir lieben, die Krise, die wir ignorieren

Für die meisten Menschen ist ein Baumwollmantel an einem frostigen Wintermorgen die erste Wahl – oder an einem heißen Sommertag, wenn das Lieblings-Baumwollshirt angenehm kühl und bequem hält. Im Alltag begleitet uns Baumwolle in jedem Detail: Wir wachen auf und kuscheln uns in einen weichen Bademantel, trocknen unser Gesicht mit einem Handtuch, schlüpfen in das altbewährte T-Shirt und die Lieblingsjeans und ruhen uns schließlich unter Bettlaken aus oder tragen gemütliche Socken – all diese Dinge bestehen höchstwahrscheinlich aus Baumwolle. Baumwollkleidung ist aus kaum einer Garderobe wegzudenken. Sie bietet Atmungsaktivität, Langlebigkeit und ein Gefühl von Vertrautheit. Baumwolle ist eine Naturfaser – also muss sie doch umweltfreundlich sein, oder?

Leider ist die Realität weitaus komplexer. Baumwolle ist zwar eine natürliche Pflanze, doch ihr Anbau und die Produktion haben erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt. Die meisten Menschen sind sich nicht bewusst, dass hinter jedem weichen T-Shirt, gemütlichen Pullover oder glatten Baumwollbettlaken ein Prozess steckt, der enorme Wassermengen verbraucht, den Boden auslaugt und natürliche Ökosysteme zerstört. Je mehr wir Baumwollprodukte nachfragen, desto stärker belasten wir die Ökosysteme unseres Planeten. Was wie eine harmlose tägliche Entscheidung erscheint – die Wahl eines Outfits – ist in Wahrheit Teil eines viel größeren und zerstörerischen Kreislaufs.

Die Umweltbelastung durch den Baumwollanbau

Baumwolle ist zwar eine der am häufigsten verwendeten Naturfasern, aber ihr Anbau ist alles andere als nachhaltig. Nach Untersuchungen von PWC ist der Kohlenstoff-Fußabdruck von Baumwolle außerordentlich hoch: zwischen 200 und 400 Tonnen CO2 pro km². Für den Baumwollanbau werden 24 % der weltweit eingesetzten Insektizide verwendet, was die Umwelt langfristig schädigt. Außerdem setzen synthetische Düngemittel Lachgas frei, das 310-mal stärker wirkt als CO2.  Obwohl der Baumwollanbau nur 2,5 % der weltweiten Anbaufläche einnimmt, ist er für 16 % des weltweiten Pestizideinsatzes verantwortlich und damit die am meisten chemisch behandelte Nutzpflanze.  Diese Pestizide und synthetischen Düngemittel schaden nicht nur der lokalen Tierwelt, sondern sickern auch in das Grundwasser und die Flüsse, verseuchen die Trinkwasservorräte und beeinträchtigen Millionen von Menschen. In einigen Regionen wird der Pestizidausfluss von Baumwollfarmen mit gesundheitlichen Problemen in Verbindung gebracht, die von Atemwegserkrankungen bis hin zu neurologischen Störungen reichen.
 

Der Wasserverbrauch ist ein weiterer kritischer Punkt.

Der Wasserverbrauch ist ein weiterer kritischer Punkt. Baumwolle ist eine unglaublich durstige Kulturpflanze, die für die Produktion von nur einem Kilogramm Rohbaumwolle etwa 10.000 Liter Wasser benötigt. Das entspricht 2.700 Litern Wasser für ein einziges T-Shirt, genug, um eine Person fast zweieinhalb Jahre lang zu ernähren. Weltweit verbraucht Baumwolle jedes Jahr etwa 370 Milliarden Liter Wasser. Da die weltweite Nachfrage nach Baumwolle weiter steigt, sind Regionen, die bereits mit Wasserknappheit zu kämpfen haben, noch stärker bedroht.

Der Schneeballeffekt: Wie die Nachfrage die Zerstörung von Ökosystemen anheizt

Der Baumwollanbau hat tiefgreifende Auswirkungen auf den Planeten, da er riesige Mengen Wasser aus natürlichen Ökosystemen abzieht und wichtige Wasserquellen verschmutzt. Der Aralsee in Zentralasien, einst eines der größten Binnengewässer der Welt, ist aufgrund der exzessiven Bewässerung für den Baumwollanbau um fast 90 % geschrumpft. Etwa zwanzig der 24 einheimischen Fischarten sind inzwischen ausgestorben und viele weitere Fisch- und Vogelarten stehen kurz vor dem Aussterben. In Pakistan leidet das Indus-Delta unter Wasserknappheit, die durch Bewässerungsprojekte im Zusammenhang mit der Baumwollproduktion verursacht wird, was zum Verlust wichtiger Mangrovenwälder und zum Rückgang der Fischpopulationen geführt hat, die die lokalen Gemeinschaften ernähren.
 

Die Umweltbelastung durch Baumwolle hört nicht beim Wasser- und Pestizidverbrauch auf

Die Umweltbelastung durch Baumwolle hört nicht beim Wasser- und Pestizidverbrauch auf. Die weltweit steigende Nachfrage nach Baumwolle hat zu einer weit verbreiteten Entwaldung geführt, da Wälder gerodet werden, um Platz für riesige Plantagen zu schaffen. In Südamerika wurden Teile des Amazonas-Regenwaldes abgeholzt, um Baumwollplantagen anzulegen. Die südamerikanischen Länder sind weltweit der viertgrößte Baumwollproduzent, wodurch Hotspots der biologischen Vielfalt ausgelöscht und indigene Gemeinschaften vertrieben werden. Mit schätzungsweise 6 Millionen Hektar Wald, die jedes Jahr verloren gehen, verlieren wir rasch eine der wichtigsten Kohlenstoffsenken der Erde - Wälder, die Treibhausgase absorbieren und speichern und so zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen.

Da die Weltbevölkerung bis 2050 auf 10 Milliarden Menschen ansteigt, wird die Nachfrage nach Baumwolle stark zunehmen. Die Frage ist: Können wir diese Nachfrage nachhaltig befriedigen, oder wird unser Luxus für Baumwolle noch mehr natürliche Ökosysteme kosten?

Die Macht zur Veränderung  liegt in deinen Händen

Dieser Artikel soll Baumwolle und den damit verbundenen Komfort nicht verteufeln. Vielmehr geht es darum, die umweltschädlichen Praktiken hinter der Produktion aufzuzeigen und einen kritischeren Blick auf die wahren Kosten zu lenken. Weniger Kleidung zu kaufen – insbesondere weniger Fast-Fashion-Produkte –, Kleidung länger zu tragen, sie zu reparieren und alte Kleidungsstücke zu recyceln, sind positive Schritte. Allein reichen sie noch nicht aus.

Diese Maßnahmen helfen, die Umweltbelastung zu mindern, doch ohne systemische Veränderungen geht die Zerstörung weiter. Dabei ist zu beachten, dass Baumwolle trotz aller Herausforderungen im Vergleich zu erdölbasierten Kunstfasern, Leder oder Schafswolle noch immer die umweltfreundlichere Wahl ist. Während wir weiterhin den Luxus von Baumwollkleidung genießen, sollten wir uns eine entscheidende Frage stellen: Sind wir bereit, dafür unbezahlbare natürliche Ökosysteme zu opfern? Wir sind eingeladen, unser Verständnis von Bequemlichkeit und den Schutz unseres Planeten auszubalancieren.

Bei Fund the Planet haben wir die Folgen der Abholzung hautnah erlebt. Wir reisten in den Amazonas-Regenwald und sahen mit eigenen Augen, was dort geschieht: Riesige Flächen wurden gerodet, wo einst das Leben blühte, bleibt heute öde, unfruchtbare Erde zurück. Aus dieser Erfahrung heraus entstand die Idee von Fund The Planet mit einer klaren Mission: Regenwälder zu schützen, indem wir gefährdete Flächen aufkaufen, bevor sie industriell ausgebeutet werden. Durch den Erwerb dieser Flächen schaffen wir kleine, geschützte Naturreservate, die von den Menschen vor Ort betreut werden und von Menschen aus aller Welt adoptiert werden können.

Warum ist unser Ansatz besonders wirkungsvoll? Mit dem durchschnittlichen Betrag, den ein Deutscher monatlich für Kleidung ausgibt – etwa 50 € – lässt sich eine Fläche schützen, die der Produktion von 250 bis 260 Baumwollshirts entspricht und jährlich rund 700.000 Liter Wasser spart. Der Bedarf an Baumwollprodukten wird nicht verschwinden. Doch gemeinsam können wir dafür sorgen, dass dieser Bedarf unseren Planeten nicht weiter zerstört.
Das nächste Mal, wenn du zu deinem Lieblingsshirt oder zur gewohnten Jeans greifst, denk daran: Deine Entscheidung zählt. Du musst nicht auf die Dinge verzichten, die du liebst – aber du kannst sicherstellen, dass die Natur nicht darunter leidet. Dein Handeln heute entscheidet über die Welt von morgen.